24.3.11

Rogers Pass


Rogers Pass stellte für die Menschheit über lange Jahre hinweg nichts als ein Hindernis dar. Von den ersten Siedlern auf der Reise gen Westen über die transkontinentale Eisenbahn zu Ende des neunzehnten Jahrhunderts bis hin zu den Autofahrern heute - für alle ist Rogers Pass im Winter ein Albtraum.

Bei Freeridern hingegen gilt Rogers Pass auch als Mekka des Skitourens. Während man Ende März in den meisten niedrigeren Skigebieten nur noch sulzigen Schneematsch antrifft, versprechen die vergletscherten Höhen um Rogers Pass noch unberührten Tiefschnee. Daher beschlossen wir gemeinsam mit den beiden Schweden Daniel und Daniel, den Legenden um Rogers Pass auf einer zweitägigen Tour mit Übernachtung in der Asulkan Cabin auf den Zahn zu fühlen.

Mit anderthalb Stunden Verspätung - die Herren Skandinavier hatten verschlafen - holten uns die Schweden am Mittwochmorgen ab und wir machten uns auf dem Weg zu Rogers Pass. Am Parkplatz angekommen stellte sich schnell heraus, dass unsere Vorstellungen bezüglich Übernachtung in einer einfachen Hütte auf dem Gletscher grundverschieden waren - während Fabi und ich unsere Rucksäcke mit Proviant, warmer Kleidung und Decken vollgestopft hatten, setzten die beiden Daniels auf die gewichtsoptimierte Variante und verzichteten komplett auf derlei Luxus.


Dreieinhalb Stunden und sieben Kilometer später bereuten wir unsere Entscheidung zutiefst. Müde Beine, müde Schultern, müder Rücken. Hätten wir doch auf das ganze Geraffel verzichtet, das wie ein Sack Steine auf unseren Schultern lastete... Schlussendlich erreichten wir dennoch glücklich, aber erschöpft die winzige Asulkan Cabin am Fuße des Asulkan Gletschers.



Den Tag wollten wir jedoch nicht alleine mit Aufsteigen beschließen - wir waren schließlich des Skifahrens und nicht des Bergsteigens wegen an den Rogers Pass gereist. Daher machten wir uns eine gute Stunde später wieder auf den Weg in Richtung Gletscher.
Aufgrund der beschränkten Sicht und der damit verbundenen Gefahr durch Gletscherspalten brachen wir unsere ersten Erkundungen jedoch weniger später ab und beschlossen stattdessen, im einsetzenden Schneegestöber das sogenannte Tree Triangle - ein lose bewaldetes dreieckförmiges Waldstück unterhalb der Hütte - unsicher zu machen.



Nach insgesamt 1600 Höhenmetern beschlossen schlussendlich aber auch Fabi und ich, die Segel zu streichen - der große und der kleine Daniel hatten uns schon früher in Richtung Hütte verlassen. Nach einem riesigen Topf "leckerer" Spaghetti mit Tomatensauce auf Pulverbasis und ein paar Runden Kartenspielen fielen wir dann todmüde ins Bett.

Während Fabi und ich in trockener Kleidung unter unseren warmen Decken tief schlummerten, rächte sich die leichte Gepäckwahl für die beiden Schweden bitterlich. Während der kleine Daniel nach und nach seine kompletten Skiklamotten anzog - inklusive der Innenschuhe seiner Skistiefel - stand der große Daniel mehrfach auf, um nach unten zu klettern und sich vor dem Gasofen aufzuwärmen. Wahrlich keine gemütliche Nacht für die beiden...

Gestärkt von original schwedischem Porridge (Haferbrei) zum Frühstück machten wir uns am folgenden Morgen auf den Weg zu Youngs Peak, dem höchsten Berg oberhalb des Gletschers. Die trübe Sicht vom Vortag wie weggewischt erwartete uns strahlender Sonnenschein - perfekte Voraussetzungen für einen perfekten Tag.
Kurz vor Youngs Peak trafen wir auf eine Tourengruppe, die unter Anleitung eines Bergführers versuchten, den letzten steilen Abschnitt zum Gipfel zu erklimmen. Während wir mit Abfellen beschäftigt waren - wegen möglicher Gletscherspalten und der Lawinengefahr hatten wir beschlossen, nicht ganz bis Youngs Peak vorzustoßen - riss die Schneedecke oberhalb der Gruppe plötzlich und die ausgelöste Lawine spülte die Ausrüstung einiger Tourer mit nach unten. Glück, dass "nur" die relativ dünne, windverfrachtete Neuschneemenge im Hang lag und deshalb alle mit dem Schrecken davon kamen...


Unter uns breitete sich das Tal aus; Gletscher und weiße Berggipfel so weit das Auge reicht. Links unten im Bild, kurz unter der Schattenkante, ist ganz klein die Asulkan Cabin zu sehen.


Vor uns lagen die Seven Steps of Paradise - die sieben Stufen des Paradises, eine der bekanntesten und dem Hörensagen nach besten Freeridelines in ganz Kanada. Bilder sagen mehr als tausend Worte...



Einfach episch.





Nach surrealen 1200 Höhenmeter aus sanften Wellen weißen Goldes erreichten wir den Talgrund - totally stoked...


Nachdem wir die "dunkle Seite" von Rogers Pass als Autofahrer bereits kennen gelernt hatten, zeigte sich Rogers Pass dieses Mal von seiner besten Seite. Eine der beeindruckendsten Lines unseres Trips bisher, wenn auch mit stundenlangen Aufstiegen über insgesamt 2800 Höhenmeter im Schweiße unseres Angesichts teuer erkauft.

Wenn sich die Lawinen an Rogers Pass nächste Woche zurückhalten und wir pünktlich zu unseren jeweiligen Flügen nach Calgary kommen, sind wir mit Rogers Pass wieder versöhnt. Wehe, wenn nicht...

J

4 Kommentare:

  1. Ja wie siehst du denn aus??? Das ist ja schon ein Vollbart! Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah! R-A-S-I-E-R-E-N! :)

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  2. das ist der standard Freerider-5-Tages-Bart, ohne den wird man garnicht ernst genommen ;)

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  3. Wünschen euch einen schönen letzten Freeride-day
    an eurem Berg und ne gute Rückreise über den legendären Rogers Pass.
    See you am Mittwoch in Laupheim West (you remember Laupheim West??)

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  4. ... ich war die Erste auf dem blog, und möchte natürlich auch den letzten Kommentar abgeben, bevor du dich auf die Heimreise begibst. Aber jetzt kann ich nur noch sagen, schön dass du bald wieder da bist.

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